Hannelore Furch
Gedichte, Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Märchen, Fachliteratur

Hörgedichte  






Die Texte:


Heimatlos

Eines Tages ging ich
durch ein Tor einfach fort
in die rettende Welt meiner Träume,
und die Welt empfing mich
hell im Sonnenschein dort
und es glänzten und blühten die Bäume.

Doch die Blüten hingen 
spitz als Eiszapfen dran,
helle Sonne als Blendung dahinter,
hoch von oben fingen
laut Beschimpfungen an,
und es blitzte im frostigen Winter.

Wieder heimwärts trieb's mich
jetzt zurück durch das Tor,
wieder glänzten und blühten die Bäume,
doch Soldaten sah ich
und sie stürmten hervor
und zerschossen mir Blüten und Träume.




Ein Spinnengedicht

Im Spinnenreigen der Spinnenzeit
beginnt ein neues Spinnen,
vom Garn der Tücke liegt viel bereit,
der Faden klebt von innen.

Im Netz verfangen verdamme ich
die engen Spinnenweben,
die andern Spinnen versammeln sich,
mich fester einzukleben.

Ich rette mich aus den Weben heut',
doch alle andern Spinnen
verspinnen mich in ihr Netz erneut,
so sitz' ich wieder drinnen

und lebe, wie ich nicht leben wollt',
„mein Gott, wir dummen Spinnen!“
Gott hört sich nennen und spricht: „Ich sollt'
die Schöpfung neu beginnen,

nach Fehlgriffen bin ich gern bereit,
ganz and'res zu ersinnen,
ich träumte schon von der neuen Zeit,
es gab dort keine Spinnen.


Die fliehende Zeit


Als wenn sie jemand triebe!
Die Zeit will ständig fort
und bleibt doch, mir zuliebe,
am Abend hier im Ort.

Im Abendschlaf das Städtchen,
die Zeit dreht nebenher
ihr unsichtbares Rädchen,
ich fühle sie nicht mehr

und möchte nach ihr langen.
Der Nachtwind füllt die Lück'
und summt: "Sie ist gegangen
und kommt nicht mehr zurück."